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Steiner Lois

Servus Magazin -  März 2018
VOM SUCHEN UND VOM FINDEN

Als mir der Steiner Lois hoch droben in den Hohen Tauern, was übers Steinesuchen erzählte und mir eine kleine Weisheit fürs Leben schenkte.

Foto: Philipp Horak

Es gibt Momente, die schweben beinahe unbemerkt an einem vorüber. Vielleicht weil man sich gerade auf etwas anderes konzentriert, einem der Lärm der Zeit ablenkt oder man einfach damit beschäftigt ist, nach einem steilen Aufstieg nach Luft zu ringen. Erst später drängen sie sich in die Erinnerung, werden groß, funkeln und strahlen und bleiben für immer dort sitzen.

 

Es war ein wunderbarer sonniger Tag und ich saß mit dem Steiner Lois, einem Steinesucher aus Steinach, auf einem riesigen Stein hoch über dem Pinzgauer Habachtal. Leichtfüßig hatte sich der 72-Jährige die schroffen Serpentinen hinaufgeschraubt und weil ich vor lauter Keuchen jetzt keinen Fragen stellen konnte, blickten wir stumm über die zackige Gipfelwelt der Hohen Tauern und waren dem Himmel sehr nahe.

 

Es geht immer nur ums Suchen und ums Finden sagte der Lois plötzlich und so wie er das sagte, war nicht ganz klar, ob er damit die Jagd nach Bergkristallen und Smaragden meinte oder das ganze Leben. Vor allem brauchst ein Glück sagte er dann, und du musst wissen wann es genug ist.

 

Als er 5 Jahre alt war begleitete er seinen Vater zum ersten Mal in die felsige Bergwelt. Eine arme Hirtenfamilie waren die Steiners, mit dem Verkauf von Bergkristallen konnten sie sich immerhin eine eigene Kuh pro Jahr leisten. Damals, sagte der Lois, hab ich meinen ersten Rauchquarz gefunden und da hat mich das Fieber gepackt. Auf den Gipfeln selber war er kaum, er hing eher wie die Gämsen in den gerölligen Bergflanken herum, schürfte und schabte bis ihm der Rucksack schwer in die Kniekehlen schlug. Dann willst nur mehr runter, sagte er Lois, weil nur wegen dem schönen Blick willst das nicht wo rauf schleppen.

 

Nein, leid tut ihm das nicht, sagte der Lois, er war halt kein Gipfelstürmer sondern ein Steinesucher. Und so einer freut sich, wenn er einen kleinen Schatz gefunden hat, aber sofort geht’s weiter mit der Suche, es könnte ja unter dem nächsten Felsbrocken noch was Großartigeres schlummern.

 

Viel Glück hatte er und schöne Stücke hat er gefunden, an manchen hängt sein Herz so sehr, die würde er nie und nimmer verkaufen. Nur wenn er gar nichts mehr zum Beißen hätte, sagte der Lois und lachte, weil er geldmäßig ja schon auf der sicheren Seite des Lebens war.

 

Nur einmal hatte der Lois eine Phase, da wollte er das Glück erzwingen, wollte beweisen, dass er der König der Steinesucher ist und rackerte sich auf der Suche nach einem ganz besonderen Schatz in der felsigen Welt ab. Nichts hat er damals gefunden, ein paar Jahre lang nicht einmal das kleinste Krümmelchen von einem Bergkristall, das er in fetten Jahren gar nicht beachtet hätte.

 

Ich war ein Getriebener, sagte der Lois und dass er damals das Gespür für die Welt, die er sein Leben lang zu seiner gemacht hatte, verloren hatte.

Erst als ich losgelassen habe, sagte der Lois während die Sonne in den goldenen Spätnachmittagsmodus überging, kamen die edlen Steine von allein wieder zu mir. Seit damals weiß er ganz genau, wann sich das Suchen in Gier verwandelt und es Zeit zum Aufhören ist. Seit damals ist auch sein Rucksack so leicht, dass er locker jeden Gipfel erreicht.

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