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PORTRÄTS
PORTRÄTS
DER HERR DER LÄRCHE
Von Toni Santa, der im Südtiroler Eggental einen Schatz hob, gegen den Ötzi ein Jungspund ist.
© Foto: Peter Podpera
Ich mag Berge grundsätzlich, die Dolomiten aber im Besonderen. Die Schroffheit mit der sie spitz in den Himmel stechen, gibt ihnen etwas Erhabenes, Unnahbares, das den Menschen auf seine Winzigkeit reduziert. Um die Mächtigkeit der Felswände ein bisschen in die eigene kleine Welt einzuordnen, wurde immer gerne die Phantasie bemüht. In der Südtiroler Bergwelt wimmelt es deshalb von versteinerten Zwergen, Kobolden, Feen, kleinen Nixen und mächtigen Zauberern und wer mit offenen Augen und Sinnen dort unterwegs ist, ich schwör’s, dem kann der eine oder andere begegnen.
Fast schade, dass J.R.R. Tolkien seinen „Herr der Ringe“ nicht hier spielen hat lassen, zumindest für das Reich der Elben hätten der Rosengarten oder die Drei Zinnen eine grandiose Kulisse abgegeben. Und Schätze, die einen so faszinieren, dass sie einen wie den Smaug nicht mehr loslassen und fortan das ganze Leben bestimmen, lassen sich hier auch zufällig finden. Zumindest Toni Santa aus dem Südtiroler Deutschnofen ist das so passiert.
Dreißig Jahre lang war er im Dienste einer Obstgenossenschaft ununterbrochen auf Achse und dabei immer ein bisschen hinter dem Glück her. In welcher Form es sich auch einstellte, es blieb nur kurz und husch war es wieder weg. Doch eines Tages im Herbst 2011 fuhr er beim Wötschelmoos hinter Petersberg vorbei und sah einen mächtigen alten Baumstamm neben der Straße liegen.
Ich glaub nicht mehr an Zufälle, sagte er später und dass ihn der Baum so magisch angezogen hat, dass er stoppte, um das Trum genauer zu betrachten. Auf 1.000 Jahre etwa schätzte er die Lärche und ahnte sofort, dass sie etwas Besonderes ist. Mit dem Bauern, dem der Baum in seinem Moor im Weg gewesen war und der ihn eigentlich verbrennen wollte, war er sich schnell handelseins, dann war die Wissenschaft am Zug. Konnte die Moorlärche altersmäßig mit Ötzi mithalten oder hat das Schicksal Toni Santa wieder einmal mit einer Schimäre einen Streich gespielt? Sensationelle 7.800 Jahre ergaben die C14-Analyse und ließen Toni Santas Herz höher schlagen, weil sein Fund damit um 2.550 Jahre älter als der Mann aus dem Eis war.
Während allerdings die Welt dem Ötzi-Fieber verfiel, wollte der Funke bei der Lärche aus dem Moor nicht so richtig überspringen. Als ich Toni Santa 2015 traf logierte er mit seinem Fund in einem leerstehenden Raum bei einer Tankstelle in Aldein. Neben drei riesigen Teilen des Stammes der Jahrtausende überlebt hat, gab es dort Moorlärchen-Kulis, Kruzifixe, und sogar Trommeln, die ein US-Jazzer aus dem alten Holz angefertigt hatte.
Ich hatte viele Ideen der künstlerischen Art, sagte Toni Santa damals, aber dass die Moorlärche mittlerweile so Besitz von ihm genommen hat, dass er kein Stück mehr hergeben will. Vielmehr suchte er gerade eine adäquate Unterkunft um die Faszination des Zeugen aus grauer Vorzeit besser präsentieren zu können.
Toni Santa und seine Moorlärche kamen dann in einem mittelalterlichen Weinkeller in Lana unter und die Herstellung profaner Devotionalien hat er bleiben lassen. Nur das Trommeln um Aufmerksamkeit betreibt er mit ungebrochenem Elan. Schließlich ist so ein Schatz ja nur was wert, wenn auch andere den Zauber darin sehen können.